Sehen, wenn Hilfe gebraucht wird
Einsatzbereit in der Dunkelheit
Mithilfe von Spendengeldern konnten im Jahr 2021 zehn moderne neue Nachtsichtgeräte, die jeweils mehr als 10.000 Euro kosten, angeschafft werden. Die sogenannten Night Vision Goggles (NVGs) stärken die Fähigkeit der DRF Luftrettung, nachts mit größtmöglicher Sicherheit zu helfen, und verbessern so die Notfallversorgung der Bevölkerung. Und nicht nur das: Sie machen die Einsätze auch für die Crews noch sicherer. Die DRF Luftrettung war der erste zivile Betreiber, der NVGs in der Luftrettung einsetzte. Mit der Beschaffung von Nachtsichtgeräten haben die Luftretter Pionierarbeit geleistet. Denn lebensgefährliche Erkrankungen wie Schlaganfälle und Herzinfarkte halten sich nicht an Tageszeiten, Nachtschwärmer werden genauso in Unfälle verwickelt wie Menschen auf ihrem Weg zur Frühschicht.
Vielerorts in Deutschland stehen die Chancen gut, einen Notfall zu überleben, auch wenn er sich weit nach Sonnenuntergang ereignet. Dazu trägt schnelle Hilfe aus der Luft entscheidend bei, besonders in ländlichen Gebieten. Im Jahr 2021 flogen die Crews der DRF Luftrettung insgesamt 3.356 Mal* in der Nacht.
*Diese Zahl beinhaltet ausschließlich Flüge der 24-Stunden-Stationen, die zu mehr als 50 Prozent in der sogenannten fliegerischen Nacht stattgefunden haben. Dazu kommen Flüge an den anderen Stationen, die aufgrund einer Alarmierung in die Dunkelheit hineingestartet sind. Wie Pilot Franz Ahollinger ausführt, beginnt die fliegerische Nacht laut Definition in der Luftfahrt im Winter in unseren Breitengraden bereits gegen 17.00 Uhr. Das unterstreicht, wie wichtig 24-Stunden-Stationen für die Notfallversorgung der Bevölkerung sind.
Einsätze nach Sonnenuntergang stellen hohe Ansprüche an die gesamte Crew eines Hubschraubers, besonders aber an die Piloten. Das wissen alle an Bord – ob Notärztin, Notfallsanitäter und HEMS TC, aber auch Patientinnen und Patienten, die bei Bewusstsein sind, können es erahnen. Bei der DRF Luftrettung können alle darauf vertrauen, dass sie auch bei Flügen in der Nacht gut ankommen. Damit das so ist, hat Flugsicherheit bei der DRF Luftrettung höchste Priorität: nicht nur durch den Einsatz hochwertiger Nachtsichtgeräte, sondern auch durch das sogenannte Dual-Pilot-Prinzip, das heißt, dass das Cockpit bei Nachtflügen grundsätzlich mit zwei Piloten besetzt ist. Darüber hinaus verfügen sowohl Pilot als auch Co-Pilot über eine Instrumentenflugberechtigung und sind umfassend für den Einsatz von Nachtsichtgeräten und die Landung in spärlich ausgeleuchtetem Gelände geschult.
Qualität der Nachtsichtgeräte ermöglicht mehr Rettungseinsätze
Diese besonders hohen Sicherheitsstandards – keine andere Luftrettungsorganisation in Europa erfüllt nachts so viele Kriterien – basieren auf der sehr langen Erfahrung der DRF Luftrettung im Nachtflug. Sie war die erste zivile Flugorganisation, die Nachtsichtflugbrillen einsetzte, an deren Genehmigung sie im letzten Jahrhundert gemeinsam mit dem Hubschrauberhersteller Airbus Helicopters viele Jahre arbeitete.
Inzwischen ist die Qualität der Nachtsichtgeräte so gut, dass sie im Zusammenspiel mit den anderen Standards, die von der DRF Luftrettung eingehalten werden, deutlich mehr Einsätze in der Nacht ermöglichen würden – sogar bei widrigen Witterungsbedingungen. Deshalb setzt sich die DRF Luftrettung stark dafür ein, dass sie an noch mehr Stationen in der Dunkelheit abheben darf: Das Leben vieler Menschen könnte gerettet werden, wenn die Versorgungssicherheit im Notfall überall rund um die Uhr hervorragend wäre.
Zurzeit starten die rot-weißen Hubschrauber in Deutschland von elf Stationen rund um die Uhr; an zwei weiteren fliegen die Crews in die Dunkelheit hinein, um Menschen zu retten. In der Übersicht werden ausschließlich die Einsätze der 24-Stunden-Stationen gezeigt.
Schnelle Hilfe: Stadt, Land, Nacht
Ohne NVGs (Night Vision Goggles) wären Landungen von Rettungshubschraubern im ländlichen Raum, zum Beispiel im Schwarzwald, nicht möglich und die Luftretter damit nicht einsatzfähig: Die Sicht ist eingeschränkt, sobald das Tageslicht schwindet, beim Landeanflug müssen Hochspannungs- und Telefonleitungen passiert werden, die ohne die Nachtsichtgeräte schwer oder nicht erkennbar wären, zum Teil gibt es dichten Baumbestand oder es ist stockfinster.
Wer in einem abgelegenen Ort wohnt, ist jedoch besonders auf Rettung aus der Luft angewiesen, denn oft ist die Fahrzeit bis zum nächsten Krankenhaus mit dem Rettungswagen auch ohne Stau lang. Nur per Hubschrauber können Schwerverletzte oder ‑erkrankte schnell genug in eine geeignete Klinik transportiert werden.
Die NVGs sind jedoch nicht nur bei Primäreinsätzen zwingend erforderlich, also wenn Patientinnen und Patienten direkt von zu Hause oder dem Unfallort von den Crews abgeholt werden, sondern sie werden auch bei Sekundäreinsätzen gebraucht, das heißt bei Intensivtransporten von Klinik zu Klinik. Denn viele regionale Krankenhäuser verfügen nicht über einen gut ausgeleuchteten speziellen Hubschrauberlandeplatz.
Wie wertvoll die Dienste der NVGs für die Crews über die Landungen und Starts hinaus sind, führt eine einfache Frage vor Augen: Wer würde gerne im Dunkeln ohne Licht Auto fahren? Die Piloten und Co-Piloten der DRF Luftrettung müssen nachts sicher über weite Strecken navigieren: Im Mittel flogen sie im Jahr 2021 bei Primäreinsätzen in der Dunkelheit 130, bei Sekundäreinsätzen sogar 197 Kilometer.

Warum wird auch in der Nacht verlegt? Dr. med. Jörg Braun, medizinischer Leiter der DRF Luftrettung, macht eine Einordnung. Hier erfahren Sie mehr. Zusätzliches Info-Fenster
Die meisten Verlegungseinsätze der DRF Luftrettung finden zwischen 9.00 Uhr morgens und 4.00 Uhr nachmittags statt, doch auch danach bleibt die Zahl auf einem hohen Niveau. Überwiegend handelt es sich dabei um Verlegungen in eine Spezialklinik, die aufgrund des sich verschlechternden Zustands von Patienten notwendig geworden sind. Diese Entscheidungen werden von der abgebenden Klinik oft am Ende der Tagbesetzung gefällt.
Wichtig ist es, bei der Betrachtung die jahreszeitliche Veränderung zu berücksichtigen: Eine Verlegung mit Beginn um 17.00 Uhr ist im Sommer ein reiner Tagflug, im Winter dagegen ein kompletter Nachtflug. Zwischen Mitternacht und 6.00 Uhr finden relativ wenige Verlegungen statt.
Wie ist die Verteilung der Einsätze zu verstehen?
Die Anzahl der Notfälle liegt insgesamt nachts deutlich unter der Anzahl der Notfälle am Tag, auch der bodengebundene Rettungsdienst wird nachts seltener gerufen. Seit wenigen Jahren ist eine Ausleuchtung durch Feuerwehren für Start und Landung der Rettungshubschrauber nicht mehr zwingend vorgeschrieben. Es hat sich jedoch noch nicht überall durchgesetzt, bei lebensbedrohlichen zeitkritischen Notfällen wie Schlaganfällen oder Herzinfarkten auch nachts einen Rettungshubschrauber anzufordern.
Wer ist nachts auf Hubschrauber angewiesen?
Schwerwiegende plötzliche Erkrankungen, wie Schlaganfälle und Herzinfarkte, aber auch Unfälle und schwere Stürze, bei denen für die Rettung der Patientin oder des Patienten jede Minute zählt, treten zu jeder Uhrzeit auf. Außerdem gehen viele Menschen bei akuten Beschwerden nachts in die Notaufnahme des nächstgelegenen Krankenhauses. Häufig ist dieses Krankenhaus aber nicht für die Erkrankung spezialisiert oder es hat nachts zum Beispiel nicht die Kapazitäten für Herzkatheterbehandlungen. Dann wird ein Hubschrauber für die Verlegung zu einer geeigneten Klinik angefordert, wenn diese auf dem Bodenweg nicht schnell oder nicht schonend genug erreicht werden kann. In der Regel handelt es sich hierbei um Intensivtransporte von Klinik zu Klinik. Schließlich sind Menschen, die in abgelegenen oder schwer zugänglichen Regionen wohnen, in der Nacht ebenfalls besonders auf die Luftrettung angewiesen.
Das gilt unter anderem für werdende Mütter, denn Geburten kündigen sich gerne nachts an. Auch hier sind wir manchmal gefordert: Was passiert beispielsweise mit einer Schwangeren, die auf einer der Nordseeinseln wohnt, bei der nachts die Wehen einsetzen und sie ins Krankenhaus muss? Sie wird von uns mit dem Hubschrauber dorthin gebracht.
Und auch wenn eine Geburt schon stattgefunden hat, gibt es immer wieder die Notwendigkeit, sogar die Kleinsten fliegen zu müssen: Jedes zehnte Kind erblickt zu früh, also vor der 37. Schwangerschaftswoche, das Licht der Welt. Frühchen haben öfter Herz- oder Lungenfehler, daher werden etliche Frühgeborene nachts schonend über die Luft transportiert.


Start und Landung unter besonderen Bedingungen
Wie wichtig Nachtsichtgeräte für Rettungseinsätze im Dunkeln sind, ist offensichtlich. Ohne sie wären in der Finsternis nur Konturen erkennbar, sonst nichts. Doch nicht nur für die Einsätze selbst werden sie gebraucht, sondern auch für die Aus- und Weiterbildung der Piloten: Die Anwendung der NVGs und das Sehen mit ihrer Hilfe muss intensiv trainiert werden. Nicht zweckgebundene Spenden wurden eingesetzt, um Piloten mittels Nachtsichtgeräten für den Nachtflug zu qualifizieren.
Bis man eine Night Vision Goggle wirklich sicher verwenden kann, sind etliche Stunden Übung erforderlich, denn letztlich sieht man durch sie nur Ausschnitte der Realität auf einem Bildschirm. In einer mehrstufigen Nachtflugausbildung lernen die Piloten der DRF Luftrettung, wie sie dennoch ein vollständiges Bild erhalten und so sicher fliegen können: Sie nutzen sowohl die Informationen aus dem Nachtsichtgerät als auch aus dem digitalen Kartenmaterial und die Angaben des Co-Piloten.
Vier Augen sehen – gerade, wenn NVGs im Einsatz sind – deutlich mehr als zwei. Deshalb sitzt bei der DRF Luftrettung nachts niemand allein im Cockpit, wird das Dual-Pilot-Prinzip konsequent angewendet. Bemerkt der Co-Pilot ein Problem, zum Beispiel ein Driften, das der Pilot durch die NVG nicht erkennen kann, muss er dies kurz und präzise kommunizieren. Daher werden in der Ausbildung auch viele Befehle gelernt, zum Beispiel die Call-Order-Ansage „Sink 5“ – in Langform: „Aktuell sinken wir mit einer Geschwindigkeit von 500 Fuß pro Minute.“
Erfahrene Fluglehrer der Akademie der DRF Luftrettung geben den Piloten ihr geballtes Wissen weiter und bringen ihnen die definierten Anflugprofile für nächtliche Landungen bei. Darüber hinaus erwerben die Piloten offizielle Berechtigungen, beispielsweise für den Instrumentenflug – seine Bedeutung für die Flugrettung erklärt Franz Ahollinger im Interview.
Von der Theorie in die Praxis bei der Pilotenausbildung
Die mehrstufige Weiterbildung der Piloten für den Nachtflug beginnt mit vier Tagen Theorieunterricht. Danach gehen sie mit NVG für insgesamt neun Ausbildungsstunden in den Flugsimulator. Erst danach üben sie auf einem sicheren Areal am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden bei Rheinmünster Anflüge mithilfe der NVGs. Im Anschluss werden die Hubschrauberpiloten zunächst als Co-Piloten in der Nacht eingesetzt. Im Laufe der Zeit lernen sie, das fehlende dreidimensionale Sehen, das die NVG mit sich bringt, durch Erfahrungswerte auszugleichen: Sie können dann Entfernungen anhand der Größe von Objekten wie Feuerwehrautos genau abschätzen. Ihre ersten Flüge als Pilot absolvieren sie mit einem erfahrenen Supervisor, danach sind sie auch nachts sicher einsatzbereit für die Luftrettung.
Die neuen Nachtsichtgeräte
Fünf Fragen an den Piloten Franz Ahollinger
Franz Ahollinger ist seit 2018 als Regionalleiter und Flottenchef Südost für den Flugbetrieb der Hubschrauber in dieser Region verantwortlich – dazu zählt auch die Sicherheit von Flügen bei Nacht. Der 51-Jährige, der in seiner Freizeit gerne Motorrad fährt, mag die besondere Atmosphäre bei Einsätzen in der Dunkelheit, wenn man den Sternen nah ist. Im Jahr 2005 flog er erstmals für die DRF Luftrettung, davor war er 15 Jahre Pilot bei der Bundeswehr. In seinem Leben hat er bereits mehr als 5.000 Flugstunden absolviert, davon etwa 1.500 in der Nacht.
1. Was unterscheidet die Nachtsichtgeräte, die im Jahr 2021 angeschafft wurden, von den älteren Modellen? Von außen ist kaum ein Unterschied zu erkennen …
Franz Ahollinger: Dass sich die Brillen auf den ersten Blick stark ähneln, liegt auf der Hand: Denn sie werden immer noch am Helm befestigt und können je nach Bedarf hoch- und wieder heruntergeklappt werden. Doch sobald man durch die neuen Geräte schaut, ist der Unterschied gravierend: Bei Landeplätzen, die schwach ausgeleuchtet sind, sind jetzt auch kleinere Hindernisse zu sehen, wie Leitungen und Drähte. Denn die Geräte haben eine deutlich verbesserte Auflösung durch deutlich mehr Linienpaare; beim FOM-Wert der Restlichtverstärkerröhre wurde ein Sprung auf 2300 gemacht.
Zudem – und das ist enorm wichtig – haben die Brillen eine sogenannte Bright Source Protection: Die Brillen verstärken ja sogar Restlicht, das mit bloßem Auge nicht wahrnehmbar ist. Tritt dann plötzlich eine sehr helle Lichtquelle auf – ob Taschenlampe oder Scheinwerfer –, wird diese kompensiert. Frühere Modelle haben in solchen Fällen abgeschaltet, um den Monitor zu schützen, aber dann hat der Pilot eben auch nichts mehr gesehen. Das passiert mit den neuen NVGs nicht mehr und das ist natürlich fantastisch.
2. Ist das Schauen durch so eine Night Vision Goggle oder NVG vergleichbar mit dem Blick durch ein Fernglas?
Franz Ahollinger: Diese Assoziation haben viele, aber tatsächlich sind beide Geräte nur hinsichtlich des eingeschränkten Gesichtsfelds ein bisschen vergleichbar: Wenn Sie zu Hause durch zwei leere Toilettenpapierrollen schauen, verstehen Sie, warum die Piloten ständig den Kopf bewegen müssen, um einen Gesamtüberblick zu bekommen. Denn mit einer NVG ist das Gesichtsfeld stark eingeschränkt, auf ca. 40 Grad.
Abgesehen davon unterscheidet sich der Blick durch die NVG vollkommen vom Blick durch ein Fernglas! Denn während wir durch ein Fernglas weiterhin dreidimensional sehen, schauen wir bei der NVG auf einen Schwarz-Weiß-Monitor. Deshalb sehen wir kein dreidimensionales Bild, auch wenn uns das vorgegaukelt wird.
Das ist der Hauptgrund, warum Piloten umfangreiche Schulungen und sehr viel Erfahrung brauchen, um Entfernungen und die Abstände von Objekten zueinander in der Nacht richtig abschätzen zu können. Mit den neuen Nachtsichtgeräten haben wir Piloten einen größeren Blickwinkel und ein größeres Blickfeld in der Höhe und Breite als vorher. Wir sehen mehr in die Breite. Das hilft uns sehr, Hindernisse zu erkennen, und erhöht die Sicherheit aller!
3. Die DRF Luftrettung setzt nachts nicht nur auf NVGs, sondern auch auf die passende Flotte, digitales Kartenmaterial, Anflugprofile und Instrumentenflugberechtigungen.
Franz Ahollinger: Und das ist nur ein Teil der Maßnahmen, die für die maximale Sicherheit aller Beteiligten sorgen – ganz gleich, ob sie an Bord des Hubschraubers sind oder sich am Boden oder ebenfalls im Luftraum befinden. Die verschiedenen Maßnahmen basieren auf sehr langer Erfahrung und greifen ineinander.
Fangen wir bei unserer Hubschrauberflotte an: Die Cockpitanzeigen der H145, die wir nachts einsetzen, können per Schalter in den NVG-Modus gesetzt werden. Sie werden so gedimmt, dass sie die Piloten nicht blenden, wenn sie die Geräte aufsetzen. Obendrein verfügen die H145 über Hochleistungsscheinwerfer.
Das mit NVG fehlende dreidimensionale Sehen mit eingeschränktem Gesichtsfeld gleichen wir mehrfach aus: durch digitale Karten, auf denen die Positionen auf dem gedimmten Monitor genau zu erkennen sind, und auch dadurch, dass bei der DRF Luftrettung nachts immer zwei komplett ausgebildete Piloten im Cockpit sitzen. – Wir sind die einzige Luftrettungsorganisation in Europa, die das so macht.
Wir sind ebenfalls die Einzigen in Deutschland, bei denen alle Piloten über eine Instrumentenflugberechtigung verfügen: Das heißt, dass die Piloten zum Beispiel bei einer plötzlichen drastischen Verschlechterung der Sichtverhältnisse per Autopilot zu definierten Zielen fliegen können.
Zur Sicherheit direkt vor Ort bei einer Landung in einem schlecht ausgeleuchteten Bereich tragen zudem eine klare Kommunikation und festgelegte Anflugprofile bei, die unsere Piloten lernen: Vor der Landung wird der Landeplatz in verschiedenen Mustern – bei uns heißt das Patterns – überflogen, damit wir genau wissen, wo Hindernisse sind. Dabei werden auch der Stand des Mondes und die Mondphase einbezogen, denn mit NVG kann er genauso stark blenden wie die Sonne am Tag.
4. Ab welcher Uhrzeit gilt ein Flug als Nachtflug?
Franz Ahollinger: In der Luftfahrt wird die Nacht nicht über Uhrzeiten definiert, sondern über den Sonnenstand: Solange die Sonne sich mehr als 6 Grad unter dem Horizont befindet, gilt ein Flug als Nachtflug. Im tiefsten Winter ist das hier in Regensburg etwa von 16.50 Uhr bis 7.30 Uhr – ein langer Zeitraum. Darüber hinaus gibt es umfassende Lärmschutzregelungen an unseren Stationen.
5. Die DRF Luftrettung hat die Kapazität und die Expertise, um weit mehr Menschen auch in der Nacht zu retten. Was tut die Organisation, um die Notfallversorgung der Bevölkerung weiter zu verbessern?
Franz Ahollinger: Eine ganze Reihe von Dingen, unter anderem stehen wir mit einigen Behörden im engen Austausch. Eine momentane Sicherheitsvorschrift der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA) ist beispielsweise, dass Nachtflüge nur stattfinden dürfen, wenn sie prinzipiell auch ohne Nachtsichtgerät möglich wären – die EASA argumentiert damit, dass das Gerät ausfallen könne. Weil bei uns nachts immer zwei Piloten mit NVG im Cockpit sitzen, besteht bei unseren Nachtflügen aber keine Gefahr. Zusätzlich könnten wir, sogar, falls beide Brillen ausfielen, sicher per Instrumentenflug weiterfliegen. Das gilt übrigens auch, falls sich die Sicht durch aufkommenden Nebel verschlechtert. Mit Blick auf den Instrumentenflug arbeiten wir zudem daran, dass dort nicht nur Flughäfen als feste Zielpunkte definiert werden, sondern auch Kliniken – das käme sehr vielen Menschen zugute, die dringend eine OP brauchen, um überleben zu können. Wir machen Kostenträger wie Bundesländer und Krankenkassen darauf aufmerksam, wenn die Notfallversorgung in einem Gebiet absolut nicht ausreichend ist. Und wir werben dafür, Ausnahmen bei Lärmschutzbestimmungen zu erlauben, wenn dadurch das Leben von Menschen gerettet werden kann.

(Quelle: DRF Luftrettung)

(Quelle: DRF Luftrettung)

(Quelle: DRF Luftrettung)

(Quelle: DRF Luftrettung)
Bereit für nächtliche Herausforderungen
Die Bedeutung von Nachtflügen für die notfallmedizinische Versorgung der Bevölkerung ist nach wie vor sehr groß. Vor allem vor dem Hintergrund, dass bei lebensbedrohlichen Erkrankungen und Notfällen jede Minute zählt, setzen wir uns gemeinsam mit unseren Unterstützerinnen und Unterstützern dafür ein, dass jeder Mensch auch nachts die best- und schnellstmögliche Hilfe im medizinischen Notfall bekommt. Und zwar über vielfältige Wege:
Es ist unser selbst gesetztes Ziel, dass bundesweit Tag und Nacht die sogenannte Next-Best-Strategie verfolgt wird. Das bedeutet: Wenn der Verdacht auf eine lebensbedrohende Erkrankung oder Verletzung besteht, fordert die Leitstelle sofort einen Hubschrauber an, wenn dieser das schnellste Mittel ist, um den oder die Erkrankten in eine geeignete Klinik zu bringen. Sonst verstreicht wertvolle Zeit bis zur rettenden Operation.
Die DRF Luftrettung ist nachts von den Inseln der Nordsee bis zu den Gebirgsketten der Alpen im Einsatz. Dabei setzt sie auf den Hubschraubertyp H145, der optimal für den 24-Stunden-Betrieb und für den Einsatz von Nachtsichtgeräten geeignet ist. Leider gilt das nicht für alle Gebiete in Deutschland, in manchen Regionen ist die medizinische Notfallversorgung der Bevölkerung nachts noch nicht sichergestellt. Für die Ausweitung der Luftrettung bei Nacht setzen wir uns seit Jahren ein – insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Spezialisierung von Kliniken und der Ausdünnung der medizinischen Versorgung in ländlichen Gebieten.
Dank unserer Spenderinnen, Spender und Fördermitglieder konnten wir auch im Jahr 2021 viel für die Verbesserung der Notfallversorgung aller Menschen erreichen. Die neuen Nachtsichtgeräte erhöhen die Sicherheit bei Einsätzen, weitere Piloten konnten für Einsätze mit Nachtsichtgeräten weitergebildet werden. Die DRF Luftrettung ist einsatzbereit für mehr Flüge in der Nacht, um noch mehr Menschen zu retten.

(Quelle: DRF Luftrettung)
Spenden
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